Das erste Ziel am 23. November 2015 war Dobova in Slowenien. Der Bahnhof Dobova ist der Grenzbahnhof zu Kroatien; durch ihn werden täglich hunderte Menschen geschleust. Unsere Hilfe wurde von den kroatischen und deutschen Helfern dankend angenommen. Wir luden dort einige Sachspenden aus, halfen beim Sortieren und kauften Lebensmittel im Wert von 200€ ein. Gegen Nachmittag fuhren wir weiter Richtung Kroatien.
Das Flüchtlingscamp in Slavonski Brod, Kroatien, sollte das größte auf der West-Balkan-Route werden. Die Hauptaufgabe dieses Lagers war es, die Leute zu registrieren. Dafür gibt es einen Registrierungssektor, den jeder Flüchtling nach seiner Ankunft als erstes durchlaufen muss. Anschließend wurden die Menschen entweder in einen der sechs großen Sektoren geleitet, wo sie für ein paar Stunden rasten und Kräfte tanken konnten, oder direkt wieder zu den Bussen gebracht, welche sie zu den Bahngleisen transportierten. Während einer Schicht kamen im Schnitt 2 Buskonvois à 10 – 15 Busse an. Im Camp arbeiteten Chris, Jürgen, Simon, Lena, Jessica und ich, Christian, für die IHA (Intereuropean Human Aid Association). Diese war für die Kleiderverteilung zuständig. Der Zustand und die Ausstattung der Flüchtlinge wechselte von gesund zu sehr krank, von schlecht gekleidet, mit Birkenstock-Sandalen und ohne Jacke, zu Winterstiefeln, Mütze, Handschuhen und Schal. Jede Altersklasse war vertreten; Neugeborene bis 70 jährige Menschen. Wir sahen viele Großfamilien, zahlreiche Kinder und auch behinderte Menschen, die aufgrund von Krieg und Terror Gliedmaßen verloren hatten oder querschnittsgelähmt waren. Unsere Arbeit während der Nachtschicht bestand darin, Menschen neu und warm einzukleiden. Viele Menschen trugen seit Tagen oder mehreren Wochen ein und dieselbe Kleidung. Zudem sind viele Flüchtlinge auf die Wetterbedingungen nicht gut genug vorbereitet. Während unserer Zeit im Lager, erreichten die Temperaturen gelegentlich den Gefrierpunkt. Dementsprechend war der Bedarf an warmer Kleidung groß. Wir haben während unseres Aufenthaltes vielen Menschen helfen können.
Jonas, Mikel, David, János und ich, Julie, fuhren von Slavonski Brod in Kroatien nach Serbien, Dimitrovgrad, weiter, um dort in einem Camp Tee und Suppe auszuschenken. Vor Ort wurden wir von Tarek und Jakob in Empfang genommen, bezogen das Helfer-Haus und lernten Freiwillige aus der ganzen Welt kennen. Im Haus wurden täglich mehrere Boxen Brote geschmiert und schüsselweise Gemüse für die Suppe geschnitten. Gerade angekommen machten auch wir uns an die Arbeit und bereiteten das Essen vor, um dann unsere erste Nachtschicht anzutreten. Dick angezogen und voll motiviert standen wir gegenüber vom Camp in einem kleinen blauen Pavillon. Von dort aus verteilten wir jeden Tag viele Stunden Brote, kochten Suppe und Tee, verarzteten aufgequollene Füße von Neuankömmlingen und hörten uns ihre Geschichten an. Die meisten Flüchtlinge, die nach Dimitrovgrad kommen, stammen aus Afghanistan. Wir haben viele Jungen und Männer im Alter von 13 bis Mitte 30 kennengelernt und sogar einen 70 Jahre alten Mann, der es allein aus Aleppo zu uns schaffte! Auch vereinzelt Familien, Frauen und Kinder haben wir gesehen. Fast jede/r bekam was er brauchte – allerdings ausschließlich von uns – obwohl bekannte Organisationen vor Ort waren und immer noch sind! Außerdem fehlen leider immer noch Schuhe, wir mussten oft entscheiden zwischen 1. „die Schuhe sehen schon schlimm aus, aber gehen noch bis zur nächsten Station“ und 2. „die Schuhe sehen noch schlimmer aus und man kann sie fast nicht mehr als solche identifizieren“. Flüchtlinge, die noch nicht registriert wurden, hatten keinen Anspruch auf Leistungen, es waren keine Ärzte vor Ort, kaum Schlafplätze und kein Geld, da ihnen das in Bulgarien von der Polizei abgenommen wurde.
Trotz all der grausamen Erfahrungen konnten die meisten noch lächeln und waren für jede Art von Hilfe unfassbar dankbar. Diese Fahrt hat uns gezeigt, dass man damit nicht aufhören darf. Geflüchtete Menschen sind auf Hilfe angewiesen, anders werden sie diesen Winter nicht überleben.
Am 28. November 2015 ist das elfköpfige Team gesund wieder in Deutschland angekommen!