Hilfslieferung 103 Collective Aid, Sarajevo

Collective Aid ist eine NGO, die neben Calais in Frankreich auch in Serbien und Bosnien aktiv ist. Durch den gestiegenen Bedarf im bosnischen Sarajevo sahen sie sich gezwungen, die Vorratsplanung und die Menge der Güter, die die Menschen erhalten können, zu ändern. Seit Anfang diesen Jahres können die Menschen nur noch zwischen den hochwertigen Artikeln (Jacken, Pullover und Hosen) wählen, und vor allem Jacken werden von Fall zu Fall verteilt. 

Am 30.04. konnten wir 3 Paletten mit über 800kg Kleidung für männlich gelesene Personen, sowie mehreren dutzend Decken an Collective Aid verschicken, damit sie ihr Lager mit solchen dringend notwendigen Dingen auffüllen konnten. 

In letzter Zeit ist der Bedarf in Sarajevo gestiegen. Warum ist das so? Unser Kontakt von Collective Aid konnte uns einige aktuelle Informationen aus dem Balkan geben:

Collective Aid: “Zunächst möchte ich etwas zu den Ereignissen in Serbien sagen, denn sie stehen im Zusammenhang mit einer Änderung der Routen, durch die mehr Menschen nach Bosnien kommen.

Die Lage in Subotica ist im Moment sehr ruhig.”

Subotica liegt im Norden Serbiens, an der Grenze zu Ungarn. Da diese Grenze eine Außengrenze der EU ist, stellt sie einen relevanten Ort für Menschen dar, die in der EU Asyl beantragen wollen. Es sind auch diese Orte, an denen besonders viel Grenzgewalt gegen Menschen ohne europäischen Pass verübt und beobachtet wird.  

Collective Aid: “Jede Woche führen wir an den Orten, an denen wir früher Menschen getroffen und Hilfsgüter verteilt haben, eine Bestandsaufnahme durch. Aber wir haben schon seit langem niemanden mehr gesehen.

Der Rückgang der Zahl der Menschen ist das Ergebnis einer groß angelegten Polizeiaktion, die zwischen Ende Oktober und Dezember stattfand. Während dieser Zeit wurden alle besetzten Häuser wiederholt geräumt, und auch die beiden Lager in Subotica und Sombor wurden geräumt und geschlossen.”

In dieser Region werden oft leerstehende Gebäude von people on the move genutzt, um auf den verschiedenen Stationen ihrer Flucht überhaupt einen temporären Unterschlupf zu haben.

Collective Aid: “[Es gibt]  weiterhin eine gewisse Polizeipräsenz rund um die besetzten Häuser.

Diese ganze Polizeiaktion in Serbien hat die Menschen dazu veranlasst, über verschiedene Grenzen nach Europa einzureisen, hauptsächlich über Bosnien. In Sarajevo [der Hauptstadt Bosniens] haben wir im letzten Monat einen stetigen Anstieg der Zahl der Menschen registriert. Von durchschnittlich 8 Bestellungen pro Tag sind wir auf durchschnittlich 50 gekommen. Es ist klar, dass die Menschen und der Bedarf drastisch zugenommen haben, was wahrscheinlich eine Folge der veränderten Routen ist. 

Auch im Lager Lipa in Bihać wurde ein Anstieg der Menschen registriert, ebenso wie zahlreiche Abschiebungen aus dem Lager Lipa in das Lager Blazuj in Sarajevo.”

Bihać liegt an der bosnischen Grenze zu Kroatien und bietet somit auch die Möglichkeit, die EU zu betreten – was hier ebenfalls mit drastischer Grenzgewalt beantwortet wird. Abschiebungen von Bihać nach Sarajevo spielen sich  innerhalb Bosnien und damit gänzlich außerhalb der EU ab. Diese Art der Gewalt gegen people on the move dient damit aber dennoch der Abschottung der EU. 

Collective Aid gehört zu den Organisationen, die als Teil des Border Violence Monitoring Networks nicht aufhören hinzuschauen, wenn Grenzgewalt und illegales Vorgehen gegen Menschen auf der Flucht, Migrant*innen und Asylsuchende verübt wird. Mit diesem Vorgehen werden marginalisierte Gruppen gezielt kriminalisiert. In den Kämpfen um Gerechtigkeit braucht es dieses Netzwerk, sie sind Zeugen.

FOTOS: Collective Aid