Seit gut einer Woche sind wir nun auf Chios und haben einige der Dinge umgesetzt, die wir vorhatten; andere sind hinzugekommen. Statt Fußballtore zu bauen haben wir welche bestellt, da wir keinen Ort gefunden haben, an dem es möglich wäre, zusammengebaute Tore zu lagern, so dass die bestellten nun auf- und abbaubar sind. Das Farben Verteilen lief soweit gut, nur dass wir statt die Zelte zu bemalen eine Plane organisiert haben, auf der die Kinder malen konnten.

Ab dem 10.5. werden wir mit Schulunterricht beginnen. Eine andere Freiwillige, die wir hier kennengelernt haben, wird die Erwachsenen und wir die Kinder unterrichten. Eine Ankündigung haben wir bereits geschrieben und ins Arabische übersetzen lassen. Eine große Tafel, sowie ein Konzept stehen bereit.

Mit den Kindern werden wir zunächst spielerisch beginnen und z.B. im Kreis einen Ball herumwerfen und mit „My name is … What’s your name?“ und solchen grundlegenden Dingen beginnen.

Darüber hinaus haben wir von einer befreundeten Griechin einen Fernseher organisiert, auf dem wir an manchen Abenden Filme auf arabisch zeigen. Wer schon einmal in Camps war, weiß das es beinahe unmöglich ist, die Kinder auch mal für nur eine Stunde ruhig zu bekommen, da sie so viel Energie haben. Bei „Findet Nemo“ jedoch saßen sie zur Abwechslung tatsächlich mal ruhig da. Das genaue Gegenteil davon war unsere Luftballonaktion, bei der wir von einer Horde Kinder mit den Worten „Balloooooon“ verfolgt wurden. 

Im Allgemeinen stellen wir leider fest, dass im Gegenteil zu unserem letzten Aufenthalt die Hoffnung, die die Menschen hatten, großer Verzweiflung gewichen ist. Sie wissen weder, ob oder was passiert, noch wann etwas passiert. Neben kümmerlicher Nahrungsversorgung, die von kleinen Freiwilligengruppen übernommen wird, ist auch die Unterkunftssituation absolut untragbar. 

Immer wieder bewundernswert ist, wie die Menschen trotzdem jeder Kleinigkeit etwas Positives abgewinnen können. Morgen wird eine von den Geflüchteten organisierte Demonstration stattfinden.

Sechs Wochen später sind wir wieder in Chios und es fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen, dass wir das erste Mal da waren. Die Situation hat sich allerdings komplett verändert, das Soli Cafe, den Ort, an dem wir unsere Zeit verbracht haben, gibt es aufgrund einiger Attacken, inklusive Brandanschlägen seitens der Faschisten auf Chios nicht mehr. Vial, der Hotspot, in dem die Geflüchteten eingesperrt waren, ist nun offen, so dass die Menschen sich frei auf der Insel bewegen können. Allerdings müssen sie gegen Abend zurück sein, weil dann die Tore geschlossen werden. Auch wenn dies nun so klingt, als habe sich die Situation verbessert, ist doch eher das Gegenteil der Fall; einige der Geflüchteten haben uns das Essen gezeigt, das ihnen ausgehändigt wird: Kartoffeln, aus denen Maden kriechen, in Wasser. So weit wir wissen ist dies das einzige Essen, das den Menschen in Vial ausgehändigt wird. (Anm. d. Red.: Zwischenzeitlich soll es nun aber wohl auch genießbares Essen und sogar Hühnchen mit Reis gegeben haben.) Darüber hinaus wurden die Zäune um eine weitere Reihe Natodraht, eine illegale Praxis, erweitert. Das Camp Souda und Diphete sind wieder in Benutzung. In Diphete sind „Zelte“ aufgebaut und man hat das Gefühl, als befinde man sich in einem Camp, das kurz davor steht, in Zustände wie in Idomeni oder Calais zu fallen. 

Aufgaben und Pläne:

Die ersten Tage haben wir damit verbracht, Chai im Camp Diphete auszuschenken, sowie – das Allerwichtigste – mit den Menschen zu reden. Unser Plan für die nächsten Tage besteht nun darin, zunächst Farben zu kaufen, um dann gemeinsam mit den Geflüchteten die Zelte zu bemalen, um das Camp ein wenig „wohnlicher“ zu machen. Weiterhin wollen wir Fußballtore bauen, und, nach Möglichkeit, auch einen Basketballkorb und ein Volleyballnetz, um für etwas Beschäftigung und Abwechslung zu sorgen…