Unser Themenschwerpunkt: Europawahl

2024 wird gerne auch als Superwahljahr bezeichnet. Eine Wahl, die viele Menschen direkt betrifft, ist die EU-Wahl vom 6. bis 9. Juni 2024 (in Deutschland wird am 9. Juni gewählt). Das besondere an dieser Wahl: Erstmalig dürfen auch EU-Staatsbürger*innen ab 16 Jahren wählen.

Wir möchten die Wahl zum Anlass nehmen, euch in den kommenden Wochen verstärkt zu der Thematik zu informieren: über die Grundidee der EU, aktuelle Herausforderungen, wie die Systeme und Wahlen funktionieren – und warum es so wichtig ist, an der Wahl teilzunehmen. Hierfür werden wir Inhalte in unserem Blog und auf Social Media veröffentlichen, Speaker*innen einladen und Workshops organisieren.

Solltet ihr konkrete Fragestellungen oder Themenwünsche haben: Meldet euch gerne bei uns! Wir freuen uns über eure Vorschläge.

Heute beginnen wir erst einmal mit ein bisschen Basiswissen: Mit welcher Vision wurde die EU gegründet? Wie ist ihre Geschichte? Welche Organe gibt es?

Ein kurzer Abriss der Geschichte

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gab es ein großes gemeinsames Ziel: Frieden. Um diesen dauerhaft zu sichern, soll ein Zusammenschluss aller europäischen Staaten erfolgen, sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf politischer Ebene. Europäischen Politiker*innen beginnen mit dem Aufbau einer europäischen Gemeinschaft. Ziel der Arbeit: Wohlstand für alle Mitgliedsländer.

Der erste Schritt hierfür war 1952 die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande unterzeichneten den Vertrag über die gemeinsame Kontrolle von Kohle und Stahl – militärstrategisch wichtige Güter. Ziel dahinter: Die Länder sollen keine Kriegswaffen herstellen können, um sie gegen ein anderes Land zu richten. Damit soll der Frieden langfristig gesichert werden. 

Parallel erfolgte die Gründung eigener Institutionen:

  • Hohe Behörde (spätere Kommission) – Exekutivrechte
  • Parlamentarische Versammlung– Diskussionsgremium
  • Ministerrat – legislative Arbeit
  • Gerichtshof – Überwachung der Vertragsauslegung 

Sechs Jahre später folgte die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) – die Zusammenarbeit wird ausgedehnt. 

1958 findet in Straßburg (Frankreich) das erste Treffen der Europäischen Parlamentarischen Versammlung statt. Hierbei handelt es sich um die Vorläuferin des heutigen Europäischen Parlaments. 

In den 60er Jahren floriert die Wirtschaft. Das liegt unter anderem daran, dass die EWG-Länder im Handel miteinander keine Zölle mehr erheben. 1956 werden die Exekutivorgane der Gemeinschaften (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom) zusammengelegt. Für die EG wurde ein gemeinsamer Rat und eine gemeinsame Kommission eingesetzt. 

1973 wächst die Gemeinschaft: Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich treten den Europäischen Gemeinschaften bei. 1974 beschließen Staats- und Regierungschefs der EG  einen neuen Fonds im Rahmen der europäischen Regionalpolitik einzurichten: Es sollen Gelder von reichen in arme Regionen umgelenkt werden. Ziel ist die Verbesserung von Infrastruktur, das Anziehen von Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

1979 trat das Europäische Währungssystem (EWS) in Kraft. Damit wurden stabile Wechselkurse zwischen den beteiligten Währungen erreicht. Im selben Jahr konnten die EG-Bürger*innen die Abgeordneten für Europa zum ersten direkt wählen. 

Griechenland tritt der EG 1981 bei, 1986 kommen Spanien und Portugal dazu. 1987 wird das Erasmus-Programm gegründet. Ziel ist die Förderung von Hochschulstudierenden, die in einem anderen europäischen Land studieren möchten.

1992 wird in Maastricht (Niederlande) der Vertrag über die Europäische Union unterzeichnet. In diesem Vertrag werden die Vorschriften für die künftige gemeinsame Währung sowie für die Außen- und Sicherheitspolitik und eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres festgelegt. Der Vertrag tritt am 1. November 1993 in Kraft und begründet die Europäische Union.

1994 folgt das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Heutzutage können sich Menschen, Waren, Dienstleistungen und Kapital in den 30 EWR-Ländern frei bewegen. 1995 erfolgt der Beitritt von Finnland, Österreich und Schweden.

Das Schengener Übereinkommen tritt 1995 in Kraft –  in sieben Ländern: Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal und Spanien. Mit diesem Abkommen können sich Reisende frei zwischen diesen Ländern bewegen – ohne Passkontrollen an den Grenzen. 2021 gehören 26 Länder dem passfreien Schengen-Raum an.

1999 erfolgt die Einführung der gemeinsamen Währung: Der Euro wird in elf Ländern eingeführt. 2002 wird der Euro in zwölf EU-Ländern als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt. 

2004 erfolgt der Beitritt zehn weiterer Länder: Zypern, Malta, Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. 2007 treten Bulgarien und Rumänien bei, 2013 folgt Kroatien.

2008 geriet auch Europa in die Wirtschaftskrise. Besonders hart getroffen waren wirtschaftlich schwächere Staaten wie Portugal, Spanien, Irland, Italien und Griechenland. Milliardenschwere Finanzspritzen und Rettungspakete verhinderten Staatspleiten. 

2015 treffen in Europa mehr als eine Million Asylsuchende ein. Viele von ihnen fliehen vor dem Bürgerkrieg in Syrien und benötigen Schutz. Die EU allerdings sucht die Zusammenarbeit mit Nachbarländern wie der Türkei und verstärkt die Kontrollen an den Außengrenzen – um die Zahl der Asylsuchenden zu verringern. Die oft betitelte “Flüchtlingskrise” trägt auch dazu bei, dass in ganz Europa rechtsgerichtete politische Bewegungen mehr Zulauf bekommen. 

2016 stimmen die Briten in einem Referendum für den Austritt aus der EU. Das Vereinigte Königreich verlässt die EU am 31. Januar 2020.

Hier findet ihr einen detaillierten Zeitstrahl über die wichtigsten Ereignisse im Rahmen der europäischen Geschichte.

Struktur der EU

Die EU-Verwaltung ist von vier zentralen Beschlussfassungsorganen geprägt. Diese geben der EU gemeinsam die politische Richtung vor und nehmen unterschiedliche Rollen ein: 

Das Europäische Parlament (Brüssel/Straßburg/Luxemburg)
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden direkt von den Bürger*innen der EU gewählt. Zusammen mit dem Rat der Europäischen Union ist das Parlament befugt, Entscheidungen bezüglich europäischer Gesetze zu treffen und auch den Haushalt der EU zu genehmigen.

Der Europäische Rat (Brüssel)
Die führenden Staats- und Regierungsoberhäupter der EU-Länder versammeln sich als „Europäischer Rat“, um die übergeordnete politische Ausrichtung der Europäischen Union festzulegen und ihre vorrangigen Ziele zu definieren. Die Leitung des Europäischen Rates obliegt einem Präsidenten oder einer Präsidentin, der bzw. die für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren gewählt wird, wobei eine einmalige Verlängerung möglich ist. Der Europäische Rat hat keine Befugnis zur Gesetzgebung, sondern kann lediglich Änderungen an den EU-Verträgen vornehmen.

Der Rat der Europäischen Union (Brüssel/Luxemburg)
Der Rat der Europäischen Union repräsentiert die Regierungen der Mitgliedsstaaten der EU. Innerhalb dieses Gremiums kommen Minister*innen aus allen EU-Ländern zusammen, um Gesetze zu verabschieden und politische Strategien zu koordinieren. Die Zusammensetzung der Minister variiert je nach dem zu diskutierenden Thema. Gemeinsam mit dem Europäischen Parlament trifft der Rat der EU Entscheidungen über europäische Gesetze.

Die Europäische Kommission (Brüssel/Luxemburg/Vertretungen in der gesamten EU) 
Die Europäische Kommission ist das maßgebliche Exekutivorgan der EU, das die gemeinsamen Interessen der Union vertritt. Durch ihr Initiativrecht legt sie Vorschläge für neue Rechtsvorschriften vor, welche anschließend vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union geprüft und angenommen werden. Die Kommission ist für sämtliche Politikbereiche der EU zuständig, mit Ausnahme der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie dem EU-Haushalt. Zusätzlich überwacht sie die ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten. 

Andere Organe und Einrichtungen ergänzen die Arbeit. Dazu zählen:

  • der Gerichtshof der Europäischen Union (Luxemburg)
  • die Europäische Zentralbank (Frankfurt)
  • der Europäische Rechnungshof (Luxemburg)

Daneben gibt es eine Reihe von Einrichtungen und Agenturen, die die EU bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit besonderen Funktionen unterstützen. Dem Thema Frontex (Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache) werden wir uns gesondert widmen.

Auf dieser Seite findet ihr ein Schaubild, das alle Organe und Institutionen der EU und ihr Zusammenwirken zusammenfasst. 

Fazit

Wir haben versucht, die wichtigsten Punkte der Geschichte der EU sowie einen groben Überblick über die Zusammensetzung kompakt zusammenzustellen. Hierzu gäbe es natürlich viel mehr zu erzählen, wir wollten uns aber auf das Wesentlichste begrenzen. 

In den nächsten Wochen werden wir uns mit den Themen Frontex, EU-Wahl, Rechtsruck in Europa und der Lage an den EU-Außengrenzen beschäftigen. Wie gesagt freuen wir uns sehr über weitere Themenwünsche. 🙂

Falls du Interesse hast, uns bei der politischen Arbeit oder anderen Aufgaben (wie zum Beispiel Sortieren oder Fundraising) zu unterstützen, findest du hier weitere Informationen dazu. Wir freuen uns immer über Unterstützung!

Quellen: