Die Situation für Geflüchtete an der Grenze bei Ventimiglia
Bericht des Kollektivs Progetto 20k
Ventimiglia ist eine Kleinstadt im Nordwesten Italiens, an der ligurischen Küste, etwa 8km von der französischen Grenze entfernt. Was zunächst wie ein normaler Küstenort aussieht – mit Ferienwohnungen, Eisdielen und Bars in Strandnähe – ist für viele Menschen ein unfreiwilliger Zwischenstopp auf der Flucht.
Durchschnittlich halten sich dort ca. 300 Personen auf. Viele, die über das Mittelmeer nach Italien gekommen sind, wollen weiter nach Frankreich und stranden in Ventimiglia, teils nach mehreren Pushbacks der französischen Polizei.
Seit 2015 kontrolliert die Polizei die Grenze, inzwischen mit Hilfe des Militärs. Sie setzen alle Menschen ohne Papiere fest und schieben sie wieder nach Italien ab. Das sind zwischen 60 und 100 Personen täglich. Pro Tag kommen außerdem ca. 50 people on the move neu in Ventimiglia an. (people on the move = Menschen auf der Flucht / Migrant*innen)
Die Situation der Menschen bleibt prekär. Es gibt keine staatliche Organisation, die hilft oder Verantwortung übernimmt. Kleine und große NGOs unterstützen in der Situation, nur zwei von ihnen können einige (wenige) Schlafplätze anbieten – jedoch nur für Kinder und Frauen. Mehrere NGOs aus Frankreich und Italien wechseln sich ab und organisieren ehrenamtlich jeden Abend eine Essensausgabe.
Die meisten Menschen schlafen auf der Straße oder unter einer nahegelegenen Autobahnbrücke. Es gibt kaum Zugang zu Sanitäranlagen, rechtlicher Unterstützung oder medizinischer Versorgung. Seit einigen Monaten verschlechtert sich die Lage weiter, weil der neue Bürgermeister Flavio di Muro, von der rechtsradikalen Partei LEGA, an die Macht gekommen ist. Er ließ Zäune um die Autobahnbrücke bauen, den Zugang zu öffentlichen Sanitäranlagen sowie Trinkwasser für people on the move einschränken und das provisorisch errichtete Zelt-Camp räumen.
Wie arbeitet das Kollektiv Progetto 20k?
Wir sind: 20k – Selbstorganisiertes Kollektiv zur Unterstützung von people on the move an der italienisch-französischen Grenze.
Wir als Kollektiv „Progetto 20k“ stellen einen ‚Infopoint‘ zur Verfügung: einen Raum, in dem Menschen Informationen erhalten, ihre Handys aufladen können, Zugang zum Internet, zu Toiletten und Trinkwasser haben. Sie können sich mit anderen Menschen vernetzen und bei heißem Kaffee oder Tee Karten spielen. Es gibt Sprachkurse und regelmäßige Angebote zu musizieren, sich künstlerisch zu betätigen und Sport zu treiben.
Täglich wird dieser offene Raum von 50-100 Menschen besucht.
Da sich nicht abzeichnet, dass in Zukunft weniger Menschen nach Ventimiglia kommen und von offizieller Stelle kaum Hilfe zu erwarten ist, wird für den Herbst und Winter viel Material benötigt.
Die Zusammenarbeit von HERMINE und dem Progetto 20k
Vor kurzem hat uns das Kollektiv in unserer Lagerhalle besucht und auch beim Zelt-Check unterstützt. Noch bevor auch die Tagesschau über die Lage in Ventimiglia berichtet hat, konnten wir als HERMINE einen Einblick in die Situation vor Ort erlangen. Wir sehen aktuell drei Wege, die Menschen in Italien zu unterstützen:
- Mit Sachspenden, die wir in unserem Lager haben. Ein Transport nach Italien ist Stand jetzt (06.09.2023) noch in Planung. Wenn ihr untenstehende Gegenstände bei unserer Spendenannahme vorbeibringt, kommen sie an Orte, die auf der Fluchtroute über Ventimiglia liegen.
- Mit finanzieller Unterstützung für dringend benötigte Gegenstände, für die sich ein Transport per LKW nicht lohnt. Ihr könnt gerne für diesen Zweck spenden, an HERMINE oder direkt an das Kollektiv Progetto 20k:
- Per PayPal oder Banküberweisung an HERMINE (Verwendungszweck: “Ventimiglia”)
- Über die Spendenkampagne des Kollektivs Progetto 20k
- Mit medialer Aufmerksamkeit: Helft dabei, mehr Aufmerksamkeit auf die Situation an der italienisch-französischen Grenze und auf die Akteur*innen, die sich dort engagieren, zu lenken.
- Teilt diese Berichte, auch über Social Media: Part 1 und Part 2
- Folgt dem Kollektiv und teilt deren Inhalte
Unterstützung mit Sachspenden, die wir von Würzburg nach Italien schicken können
- Zelte
- Schlafsäcke
- Isomatten
- Schuhe
- Praktische Sneaker
- Trekkingschuhe
- Winterschuhe
- Bevorzugt für Männer
- Winterjacken (v.a. für Männer)
- Medizinisches
- Erste Hilfe Sets (noch haltbar)
- Wunddesinfektion
- Bürobedarf
- Stifte
- Schreibunterlagen
Finanzielle Unterstützung für den Zukauf vor Ort
- Kommunikation
- Smartphones (gebraucht)
- Ladegeräte
- Powerbanks
- Groß-Kochtöpfe für die Versorgung vieler Menschen
- Fahrräder
- Mehrwegbecher für Getränkeausgabe
- Große Thermo-Getränkebehälter
- Große Wasserbehälter (aus Metall)
- Pinnwand, Tafel, White Board